Zum Tode von Horst Müller. Ein Nachruf.

02. Mai 2023

Als Mitglieder der Großostheimer SPD haben wir heute mit Betroffenheit und Trauer die Nachricht vom Tode Horst Müllers erhalten. Es ist uns schmerzlich bewusst, dass mit seinem Tod eine Ära der örtlichen SPD unwiderruflich zu Ende geht – und es ist sicher keine Übertreibung zu behaupten, auch eine Ära der örtlichen Kommunalpolitik. Unsere Trauer gilt einem geschätzten, langjährigen Freund, den wir nicht nur als politischen Weggefährten und weithin anerkannte und respektierte Persönlichkeit des öffentlichen örtlichen Lebens wahrgenommen haben.

Als Horst Müllers Weggefährten schauen wir in Trauer und Betroffenheit auf die gemeinsame Zeit und die Anfänge zurück: Es war die allgemeine Aufbruchstimmung am Ende der 60iger und zu Beginn der 70iger Jahre des vergangenen Jahrhunderts, in der sich auch in Großostheim junge Menschen im Aufbegehren gegen die restaurativen Institutionen der „alten“ Bundesrepublik zusammenfanden. In Willy Brandt sahen wir die Symbolfigur für das bessere Deutschland, für einen demokratischen Aufbruch im Zeichen von Solidarität, Frieden und sozialer Gerechtigkeit. Auch Horst Müller stieß damals zu einer Gruppierung junger Großostheimer Bürger, deren Kern sich ab Mitte der 1960iger Jahre formlos und lose zusammen gefunden hatte und meist aus den Jugendabteilungen der örtlichen Sportvereine kam. Es einte uns die Besorgnis angesichts des Aufstieges der NPD infolge der ersten bundesdeutschen Wirtschaftskrise.

Eine der Keimzellen des jugendlichen Aufbruchs war der hiesige Turnverein, in dessen Schwimmabteilung auch Horst Müller aktiv war. Mit dem späteren SPD-Gemeinderat Paul Bonn verfügte der TVG damals über einen jungen, unkonventionellen, über das rein Sportliche hinaus blickenden Vorsitzenden, der in unserem Parteifreund Herbert Kämmerer einen gleichgesinnten, pädagogisch geschulten Schwimmtrainer fand. Beide genossen innerhalb der Vereinsjugend großes Ansehen und Vertrauen. Und mit einer damals in den Schuldienst tretenden Generation junger Lehrerinnen und Lehrer verband man die Hoffnung auf bildungspolitische Reformen. Sie verkörperten, wie zum Beispiel Bernd Hilla, Christl und Manfred Gegerle oder Gisela Greifzu, für viele Außenstehende ein augenscheinlich völlig neues Berufsbild des Lehrers und trugen auch dank ihres außerschulischen Engagements mit dazu bei, nicht nur bei zahlreichen Jugendlichen das allgemeine Interesse an Politik und am örtlichen Gemeinwesen zu wecken.

1970/71 organisierte sich dann der von vielen Erwachsenen so wahrgenommene jugendliche Protest auch vor Ort in Form einer JUSO-Arbeitsgemeinschaft. „Geburtshelfer“ waren Herbert Straka und Karlheinz Ostheimer. Die meisten beteiligten sich zunächst formlos und (noch) ohne Parteibuch der SPD. Horst Müller gehörte seit 1972 formell der SPD an. Ihn zeichnete schon damals sein unaufdringliches Engagement, seine nüchterne Sachlichkeit und Kompetenz sowie sein im positiven Sinne verstandener Pragmatismus aus.

Die nicht selten auch vor Ort hektisch geführten politischen Debatten jener Zeit begleitete Horst Müller mit besonnener Gelassenheit. Sein Wort besaß in unserer jungen JUSO-AG von Beginn an Gewicht. Manche überschwängliche und allzu euphorische Vorstellung verstand er in unaufgeregter Sachlichkeit zu erden. So erschien es nahezu selbstverständlich, dass er zum „Sprecher“ gewählt, die JUSOS in Großostheim repräsentieren sollte. In dieser Funktion war er denn auch der unausgesprochene „Spitzenkandidat“ der JUSO-AG bei den Kommunalwahlen 1972. Auf Anhieb schaffte er nach einem von jugendlichem Elan begleiteten, bis dahin beispiellosen, engagierten Wahlkampf den Sprung in den Gemeinderat, einem Gremium, dem er von 1972 bis zu seinem Tode mit nur einer kurzen Unterbrechung angehörte.

Es kann nicht Sinn dieses Nachrufs sein und würde auch den gewollten Rahmen sprengen, hier kommunalpolitische Themen und Projekte aus Horst Müllers 50-jähriger Gemeinderatsarbeit im Einzelnen herauszustellen. Dafür wird es an anderer Stelle noch ausführlich Gelegenheit geben. Sport und Kultur, Vereinswesen und Schule waren jedoch Themenschwerpunkte, denen Horst Müller besondere Aufmerksamkeit schenkte. Aber auch der Sanierung des historischen Ortskerns und den Themenfeldern Bauen und Wohnen, Gewerbe und Verkehr wandte er sich mit großem Sachverstand intensiv zu. Eine moderne, zeitgemäße Fort- und Weiterentwicklung von Marktgemeinde und Gemeinwesen waren das übergeordnete Ziel. Wohl und Interessen des Einzelnen dabei in Einklang zu bringen mit dem Wohl und dem Interesse der Marktgemeinde als Ganzes, darin sah Horst Müller den tieferen Sinn allen kommunalpolitischen Wirkens und aller kommunalpolitischen Bestrebungen.

Über viele Jahre führte Horst Müller als 1. Vorsitzender den „alten“ SPD-Ortsverein Großostheim, dessen 100- und 125-jähriges Bestehen er in dieser Funktion feiern konnte. Anerkennung, Respekt und Wertschätzung gegenüber seiner Person zeigte sich über alle Parteigrenzen hinweg in seiner Wahl zum 2. Bürgermeister, ein Amt, das er noch vom Krankenbett aus mit großem Engagement und mit Leidenschaft ausübte. Überhaupt zeichnen Mut und Zuversicht, mit denen Horst seiner Krankheit lange Zeit trotzte, die Größe seiner Persönlichkeit sowie sein herausragendes Engagement in besonderer Weise aus. Dies würdigte auch der Bundesvorstand unserer Partei, der ihm noch kurz vor seinem Tode für seine Verdienste um das Gemeinwesen und das Ansehen der SPD vor Ort die „Willy-Brandt-Medaille“ verlieh, die höchste Auszeichnung, die die SPD an Mitglieder zu vergeben vermag.

Die Großostheimer SPD verabschiedet sich in Trauer und Dankbarkeit von einem engagierten Sozialdemokraten, einem bedeutenden Kommunalpolitiker unseres Heimatortes. Horst Müller prägte die örtliche SPD an vorderster Stelle über viele Jahre entscheidend mit. Sein Name überschreibt ein wichtiges Kapitel unserer nunmehr über 125-jährigen Geschichte. Sein politisches Wirken mag uns Ansporn und Verpflichtung sein. Als seine politischen Weggefährten wollen wir Horst Müller auch als Freund in Erinnerung behalten und ihm über seine politische Bedeutung hinaus allzeit ein ehrendes Andenken bewahren. Seiner Familie gilt unser Mitgefühl. Ihr möchten wir an dieser Stelle unsere aufrichtige Anteilnahme bekunden.

Für die SPD-Ortsteilgruppe Großostheim i.V.: Manfred Geistler vormals Schriftführer im „alten“ SPD-OV Großostheim

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